Feuerwiderstandsklassen EI30 bis EI120
- GlasLotsen

- 7. Okt.
- 5 Min. Lesezeit
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Feuerwiderstandsklassen beschreiben, wie lange ein Bauteil einem Normbrand standhält. In Deutschland galten lange die nationalen Klassen F 30 bis F 120 nach DIN 4102‑2, sie werden aber schrittweise durch die europäische Norm EN 13501‑2 ersetzt. Die europäische Klassifizierung kombiniert Kennbuchstaben und Minutenangaben: E steht für Raumabschluss, I für Wärmedämmung und W für begrenzte Strahlung. Eine Verglasung mit Raumabschluss und Wärmedämmung für 30 Minuten wird daher als EI30 bezeichnet.
Für Brandschutzgläser sind diese Klassen entscheidend: reine Verglasungen brechen bei Feuer meist schnell, Brandschutzverglasungen bestehen dagegen aus mehreren Scheiben mit intumeszierenden Zwischenschichten. Je nach Klasse halten sie Flammen, Rauch und Hitzestrahlung für 30, 60, 90 oder 120 Minuten zurück. Diese Einteilung nach EN 13501‑2 sorgt dafür, dass ein Glas mit beispielsweise EI30‑Schutz überall in Europa den gleichen Sicherheitsstandard bietet.
E, EW oder EI?
E – Raumabschluss: Die Verglasung verhindert während der Klassifizierungsdauer, dass Flammen oder Rauch auf die geschützte Seite gelangen. Wärmeübertragung wird nicht begrenzt.
EW – Strahlungsbegrenzung: Neben dem Raumabschluss muss die Strahlungswärme auf der dem Brand abgewandten Seite unter 15 kW/m² bleiben.
EI – Wärmedämmung: Zusätzlich zu E schützt die Verglasung vor starkem Temperaturanstieg auf der Rückseite; die mittlere Temperatur darf um höchstens 140 °C steigen, an keinem Punkt mehr als 180 °C.
Bei Brandschutzverglasungen entspricht die europäische Klasse EI ungefähr der früheren nationalen F‑Klasse (F30 ≈ EI30, F60 ≈ EI60 usw.). G‑Verglasungen der alten Norm entsprechen den reinen E‑Klassen.
Grundlagen & Normen
Europäische Norm EN 13501‑2
Die EN 13501‑2 klassifiziert Bauprodukte und Bauteile hinsichtlich ihres Brandverhaltens; sie gilt unabhängig von der Funktion des Bauteils. Die Norm unterscheidet die Kriterien R (Tragfähigkeit), E (Raumabschluss) und I (Wärmedämmung). Die Leistungszeit wird in Minuten angegeben (15, 20, 30, 45, 60, 90, 120 etc.). Zusätze wie W (Strahlungsbegrenzung), M (mechanische Stabilität) oder S (Begrenzung der Rauchdurchlässigkeit) können die Klassifizierung präzisieren.
Deutsche Norm DIN 4102‑13
DIN 4102‑13 definiert Brandschutzverglasungen als Bauteile mit einem oder mehreren lichtdurchlässigen Elementen sowie Rahmen, Dichtungen und Befestigungen. Sie unterscheidet F‑Verglasungen (verhindern Feuer, Rauch und Wärmestrahlung) und G‑Verglasungen (verhindern nur Feuer und Rauch). Die verbalen Klassen feuerhemmend und feuerbeständig entsprechen nach dem Einführungserlass etwa F 30 (B) bzw. F 90 (AB).
Prüfverfahren nach EN 1364 / EN 1634
Der Feuerwiderstand von Verglasungen wird durch genormte Brandprüfungen nach DIN EN 1364 und DIN EN 1634 ermittelt. EN 1364 regelt Prüfungen für nichttragende Bauteile wie Wände, Decken und Verglasungen. In den Teilen 3 und 4 wird speziell die Prüfung von Verglasungen beschrieben. Gemessen werden Integrität (keine Flammen oder heißen Gase), Wärmedämmung (begrenzter Temperaturanstieg) und Strahlungswärme. Die Brandbeanspruchung folgt einer genormten Temperatur‑Zeit‑Kurve (Einheitstemperaturkurve). EN 1634‑1 regelt die Prüfung von Türen und Abschlüssen; sie wird auch für Tür‑ und Fensterkonstruktionen mit Brandschutzglas angewendet.
DIBt‑Zulassung
Brandschutzverglasungen dürfen in Deutschland nur verwendet werden, wenn sie über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung oder eine Bauartgenehmigung des Deutschen Instituts für Bautechnik (DIBt) verfügen. Die Zulassungsbescheide enthalten Angaben zur Feuerwiderstandsklasse, zur maximalen Scheibengröße, zur Halterung sowie zur Herstellungsüberwachung.
Klassifizierungen im Detail
EI30 – Basis‑Feuerwiderstand (feuerhemmend)
Eine EI30‑Verglasung bietet 30 Minuten Schutz gegen Feuer, Rauch und Hitzestrahlung. Die Norm schreibt vor, dass auf der dem Brand abgewandten Seite weder flammende Gase austreten noch die mittlere Temperatur um mehr als 140 °C ansteigt. Die nationalen Bezeichnungen F 30 und EI30 werden synonym verwendet.
Einsatzbereiche: EI30‑Gläser sind vor allem für Innenanwendungen wie Flure, Büros und kleinere Räume ausgelegt. Wegen der geringen Bautiefe eignen sie sich auch für rahmenlose Ganzglas‑Trennwände oder für brandschutztechnische Seitenteile an Türen.
Materialaufbau: F‑/EI‑Verglasungen bestehen aus zwei oder mehreren Flachglasscheiben, zwischen denen klare, wasserhaltige Zwischenschichten integriert sind. Im Brandfall verdampft das Wasser, die Zwischenschicht schäumt auf und bildet einen Hitzeschild, sodass die Temperatur auf der sicheren Seite unter 180 °C bleibt. Das Glas wird dabei opak und verhindert Strahlung.
EI60 – Erweiterter Standard (hochfeuerhemmend)
EI60‑Verglasungen halten Feuer und Wärmestrahlung für mindestens 60 Minuten zurück. Sie werden oft in öffentlichen Gebäuden und Verwaltungsbauten verlangt, wenn längere Evakuierungszeiten berücksichtigt werden müssen. Einsatzorte sind Verwaltungsgebäude, Schulen oder Kliniken; hier fordert die Bauordnung einen erhöhten Feuerwiderstand für Trennwände und Fassaden.
Materialaufbau: Gegenüber EI30 verwenden EI60‑Gläser meist einen mehrschichtigen Aufbau mit mehreren intumeszenten Schichten oder Hydrogel‑Zwischenschichten. Diese Schichten absorbieren Brandenergie über einen längeren Zeitraum; anwendungsabhängig kann das Glas als Isolierglas (Mehrscheiben‑Verbund) ausgeführt werden.
EI90 – Erhöhter Gebäudeschutz (feuerbeständig)
Bei EI90‑Verglasungen darf die Schutzwirkung während 90 Minuten nicht versagen. Nach DIN 4102 wird F 90 als feuerbeständig bezeichnet. Diese Klasse ist für Hochhäuser, Flughäfen, Industrieanlagen oder Versammlungsstätten vorgesehen, in denen die Evakuierung länger dauert und große Brandlasten vorhanden sind.
Die Verglasungen müssen große Temperatursprünge verkraften, weshalb neben intumeszierenden Zwischenschichten auch hochbelastbare Profilrahmen und Befestigungssysteme erforderlich sind.
EI120 – Maximale Schutzklasse (hochfeuerbeständig)
EI120‑Gläser bieten 120 Minuten Feuer‑ und Wärmeschutz. Solche Verglasungen werden selten im üblichen Hochbau eingesetzt; sie sind für Spezialanwendungen wie Tunnelbauwerke, Kraftwerke oder chemische Industrie vorgesehen. Aufgrund der langen Einwirkdauer müssen mehrere dicke Glasschichten und eng abgestimmte Dichtungen verwendet werden. In der europäischen Norm können sogar EI180‑Lösungen geprüft werden, die 180 Minuten standhalten.
Prüfverfahren & Nachweise
Brandprüfungen beginnen mit der Herstellung und Montage der Prüfkörper. Die Verglasung wird in einem Feuerwiderstandsprüfofen gemäß EN 1364 eingesetzt und einer genormten Temperatur‑Zeit‑Kurve ausgesetzt. Während der Prüfung werden Integrität, Wärmedämmung und Strahlungswärme überwacht.
Die Dauer bis zum Versagen bestimmt die Klassenbezeichnung: 30 Minuten (EI30), 60 Minuten (EI60), 90 Minuten (EI90) oder 120 Minuten (EI120). Die Prüfinstitute dokumentieren außerdem Öffnungen, Flammenaustritt und Temperaturwerte. Für Türen und Abschlüsse wird die Prüfung nach EN 1634‑1 durchgeführt, die analog die Kriterien E, I und W bewertet.
Unterschiede zwischen E, EW und EI
Klasse | Schutzwirkung | Typische Kennzahlen |
E (Raumabschluss) | Verhindert Flammen‑ und Rauchdurchtritt; keine Begrenzung des Temperaturanstiegs. | Keine anhaltenden Flammen; keine Öffnungen >25 mm oder 6 × 150 mm. Ein E30‑Element hält 30 Minuten den Raumabschluss. |
EW (Raumabschluss + Strahlungsbegrenzung) | Zusätzlich zur E‑Funktion muss die Strahlungswärme auf der geschützten Seite unter 15 kW/m² bleiben; begrenzt die Übertragung von Wärmestrahlung auf angrenzende Bereiche. | Typische Klassen: EW30, EW60, EW90. Keine anhaltenden Flammen; keine Öffnungen >25 mm. |
EI (Raumabschluss + Wärmedämmung) | Zusätzlich zur E‑Funktion wird der Temperaturanstieg auf der dem Brand abgewandten Seite begrenzt. Die mittlere Temperatur darf um höchstens 140 °C steigen; lokal max. 180 °C. | Klassen EI30, EI60, EI90, EI120. Keine anhaltenden Flammen; kein Durchschlag; Wattebausch darf sich nicht entzünden. |
Planung & Anwendung
Bei der Auswahl einer Feuerwiderstandsklasse müssen Architekten und Planer mehrere Faktoren berücksichtigen. Die Musterbauordnung und die Landesbauordnungen verlangen je nach Gebäudeklasse feuerhemmende, hochfeuerhemmende oder feuerbeständige Bauteile. In Gefahrgutlagern, öffentlichen Gebäuden, Krankenhäusern, Schulen und Hochhäusern gelten strengere Anforderungen an den Feuerwiderstand.
Gebäudenutzung & Schutzziele: In Fluren und Büros reicht oft eine EI30‑Verglasung aus, weil die Evakuierung schnell erfolgt und die Brandlast gering ist. In Versammlungsstätten, Schulen oder Verwaltungsbauten mit vielen Personen werden EI60‑Systeme benötigt, um die Evakuierungszeiten abzudecken und Rettungswege länger zu schützen. In Hochhäusern, Flughäfen, Industrieanlagen oder Gefahrgutlagern sind EI90‑ oder EI120‑Lösungen erforderlich, weil Brände länger dauern und hohe Temperaturen auftreten.
Bauordnungsrecht & Zulassung: Die gewählte Klasse muss zur Feuerwiderstandsdauer des umgebenden Bauteils passen; eine EI60‑Verglasung darf beispielsweise nur in einer Wand eingebaut werden, die ebenfalls mindestens 60 Minuten feuerwiderstandsfähig ist. Vor dem Einbau ist eine Verwendbarkeitsprüfung (z. B. allgemeine bauaufsichtliche Zulassung nach DIN 4102‑13) einzuholen.
Planung im Detail: Frühzeitige Abstimmung mit Herstellern und Prüfstellen ist empfehlenswert. Angaben zu maximalen Elementgrößen, Befestigungen, Glasdicken und Profilen sind in den Zulassungsbescheiden festgelegt. Auch die Kombination mit anderen Funktionen wie Schallschutz, Absturzsicherheit oder Einbruchhemmung sollte früh geplant werden.
Brandschutzverglasungen ermöglichen transparente Architektur und sichern zugleich Menschenleben. Die europäischen Feuerwiderstandsklassen EI30, EI60, EI90 und EI120 geben verlässlich an, wie lange eine Verglasung Flammen, Rauch und Wärme standhält.
EI30 bietet 30 Minuten feuerhemmenden Schutz und wird für Innentrennwände und Flure eingesetzt.
EI60 verlängert den Schutz auf 60 Minuten und ist Standard in vielen öffentlichen Gebäuden.
EI90 erreicht einen feuerbeständigen Schutz von 90 Minuten und ist für Hochhäuser, Industrieanlagen und Flughäfen gedacht.
EI120 bietet 120 Minuten hochfeuerbeständigen Schutz für Spezialbauten wie Tunnelanlagen oder Kraftwerke.
Durch die klare Struktur der EN 13501‑2 können Planer europaweit vergleichbare Schutzstufen wählen. Eine sorgfältige Abstimmung von Verglasung, Rahmen, Dichtungen und Montage ist erforderlich, um die geforderte Klasse zuverlässig zu erreichen. Weitere Informationen zur Materialebene finden Sie auf der Seite Brandschutzglas – Materialaufbau & Funktionsweise.




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