
Generalsanierung und Modernisierung
Die transparente Schwimmhalle mit leicht geschwungenem Stahlbetondach auf filigranen Stahlstützen und schräggestellten Glasfronten wurde 1959 bis 1964 nach Plänen des Architekten Manfred Lehmbruck erbaut und steht seit 2000 auf der Liste der Stuttgarter Kulturdenkmäler.
Bis auf kleinere Eingriffe in den vergangenen Jahren befand sich das Bad zu Baubeginn weitgehend im Originalzustand. So bestand das Ziel der Sanierungsarbeiten einerseits darin, das noch junge Baudenkmal zu erhalten, andererseits die Nutzung als öffentliches Hallenbad für die nächsten Jahrzehnte sicherzustellen. Nach diversen Untersuchungen sah die mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmte Planung vor, das Gebäude zunächst energetisch zu sanieren, bauphysikalische und konstruktive Probleme zu beheben und die Technische Ausstattung zu modernisieren.
Glaskunst
Eine besondere Herausforderung stellte die Restaurierung der vom Künstler HAP Grieshaber gestalteten Isolierglasscheiben der Pfosten-Riegel-Fassade der Schwimmhalle dar. Die Doppelverglasung wies starke Schäden durch Glaskorrosion und im Randverbund auf, so dass das Fraunhofer Institut für Silicatforschung ISC mit der Entwicklung eines Restaurierungskonzepts beauftragt wurde.
Variantenuntersuchung
Für die Sanierung der Pfosten-Riegel-Fassade des Schwimmbades wurden verschiedene Varianten untersucht, u.a. die Ertüchtigung als Doppelfassade sowie der Komplettaustausch und Einsatz der Glaskunst in eine neue Fassadenkonstruktion. In Abstimmung mit dem Denkmalschutz wurde entschieden, die Aluminiumkonstruktion vollständig zu ersetzen. Ziel war es, bauphysikalische Schwachpunkte im Falzbereich der sanierten Glaskunstscheiben zu minimieren und diese damit langfristig vor neuen Schädigungen zu bewahren.
Schwebende Dachkonstruktion
Auch die das Hallendach segelartig überspannende Dachkonstruktion aus einer für die Bauzeit innovativen Spannbetonkonstruktion war stark geschädigt und musste einer Betonsanierung unterzogen werden, um die Konstruktion vor weiterer Chloridbelastung zu schützen.
Zusätzlich wurde das Kaltdach in ein Warmdach mit deutlich erhöhter Dämmstärke umgewandelt und dabei auf den heutigen energetischen Standard ertüchtigt. Dennoch sollte der filigrane Dachrand erhalten bleiben.
Raumprägende Elemente erhalten
Das Beleuchtungskonzept des Architekten Lehmbruck wurde wiederhergestellt, durch welches das Hallendach über an den Stahlstützen angebrachte Strahler mit starkem Indirektanteil schwebend erscheint.
Die Schwimmhalle ist besonders geprägt durch den Materialkanon der sandfarbenen Kleinmosaikfliesen und den Teakholzverkleidungen oberhalb der dünenartig ansteigenden Tribüne.
Die in den Umkleiden vorhandenen gefliesten Einzelkabinen und Spinde wurden zum Teil saniert. Ein anderer Teil wurde durch Sammelumkleiden ersetzt, die den Anforderungen eines modernen Schwimmbades entsprechen.
Im Bereich des Vereinsraums konnte die gestaltprägende Theke im Originalzustand erhalten werden. Diese bildet mit grauen Resopal-Oberflächen einen starken Kontrast zur warmtönigen bauzeitlichen Holzverschalung. Zudem konnte mit neuen Ganzglas-Innenfassaden der Bestand behutsam modernisiert und ergänzt werden.
Barrierefreies Bad
Einen wesentlichen Aspekt spielte mit dem Einbau eines Aufzugs- und eines Hublifters auch die Erschließung des Bades hinsichtlich der Barrierefreiheit. So wurde ein Leitsystem für sehbehinderte Badegäste umgesetzt, das mit zarten im Wesentlichen taktilen Akzentuierungen von Stufenvorderkanten und Leitlinien eine gute Orientierung erlaubt, ohne das Bad als architektonische Kunst oder als Träger und Ausstellungshalle für die Kunst von HAP Grieshaber zu verstellen.
Öffentlicher Bauherr: Landeshauptstadt Stuttgart, Hauptstätter Str. 66, 70178 Stuttgart
Maßnahme: Generalsanierung und Modernisierung
Bruttogeschossfläche: 5.445 m²
Nutzungsfläche: 2.264 m²
Objektplanung: hspbr gmbh, Stuttgart (vorm. ARGE pbr ag / HSP Hoppe Sommer Planungs GmbH)
Fotografie: Dietmar Strauß, Besigheim
Schwimmen in einem Baudenkmal ist ein Erlebnis. Außerdem wird bei einem Besuch im Bad deutlich: auch vor 60 Jahren hat man mit Glas großartige, transparente Architektur planen und bauen können. Aus heutiger Sicht: Demut und Hochachtung für die Leistung unserer Vorfahren.